Anfang des Jahres wurden im Auftrag von Statista Teilnehmer einer Studie zum Thema KI befragt. Genauer gesagt geht es um den Einsatz intelligenter Technologien für den Bewerbungsprozess. Im Ergebnis hatten nur 9 Prozent eine positive Erfahrung bei der Anwendung von KI-Tools gemacht. 8 Prozent berichteten über eine negative Erfahrung im Umgang mit KI für die eigene Bewerbung. Kann KI den Lebenslauf erstellen und automatisierte Anschreiben verfassen? Falls ja, ist ChatGPT für diese Aufgabe geeignet?
Kann man Bewerbungen mit ChatGPT schreiben?
Chatbots wie der von OpenAI sind Teil unseres Alltags geworden. Mit ChatGPT können nach der Registrierung zunächst Texte erstellt werden. Auch Fragen beantwortet die KI recht zufriedenstellend. Perfekt ist die Technologie noch nicht, in vielen Selbstversuchen hat sich gezeigt, dass noch viel Luft nach oben ist. Auch bei der Ausformulierung von kompletten Bewerbungsschreiben gibt es noch Verbesserungspotenzial.
Alles fängt mit der genauen Aufgabenstellung für den Chatbot an. Denn wer allgemeingültig an die Sache geht, wird auch nur sehr allgemein verfasste Anschreiben für seine Bewerbungen erhalten. Unpräzise und oberflächlich sind viele der angebotenen Textbausteine von ChatGPT.
Mit der Bitte „Schreibe ein Bewerbungsschreiben für die Ausbildung als Mechatroniker“ erstellt die Künstliche Intelligenz auf den ersten Blick ein zufriedenstellendes Ergebnis. Die Formulierungen klingen hochprofessionell und ansprechend. Allerdings ist das Anschreiben auf den zweiten Blick nicht persönlich formuliert und nur wenig auf individuelle Qualifikationen des Verfassers zugeschnitten.
Pascal Scheiwiller: „Nach wie vor gibt es ein grosses Unbehagen im Umgang mit KI sowie eine Unsicherheit bezüglich des Datenschutzes.“ Quelle
Die Software braucht mehr und detailliertere Angaben, um ein hochwertiges Bewerbungsschreiben zu erstellen. Über das Dialogfeld können Anwender zusätzlich die Hochschulbildung oder Zertifikate für Weiterbildungen und Trainings eingeben.
Neben den passenden Schlüsselwörtern und der richtigen Strukturierung kommt es aber noch immer auf den persönlichen Stil im Anschreiben an. Überdies müssen die individuellen Qualifikationen zur vakanten Stelle passen. ChatGPT kann zwar eine Hilfe sein und Impulse liefern. Am Ende müssen die vorgefertigten Texte jedoch in den allermeisten Fällen von Anwendern manuell nachkorrigiert werden.
Wo kommt ChatGPT für Bewerbungen an seine Grenzen?
Fehler finden sich in verschiedenen Tests unter anderem hinsichtlich längst überholter Formulierungen und Standards wie der Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“. Stattdessen wünschen sich Personalverantwortliche die persönliche Ansprache. Daher ist meist ein konkreter Name in der Stellenausschreibung oder auf der Webseite des Unternehmens angegeben. Auch für Initiativbewerbungen gibt es in der Regel einen Verantwortlichen, dessen Name im Anschreiben auftauchen sollte.
Künstliche Intelligenz kann mithilfe von Chatbots wie ChatGPT zwar wertvolle Tipps zur Gestaltung und Präsentation der Bewerbungsunterlagen liefern. In der Praxis zeigt sich jedoch noch eine hohe Fehleranfälligkeit und eine geringe Fähigkeit der KI, sich an individuellen Messstäben des Anwenders zu orientieren.
Der Einleitungssatz „Hiermit bewerbe ich mich“ ist eine altmodische Formulierung, die innerhalb weniger Sekunden über das Erreichen der nächsten Runde entscheiden kann. Es geht ja schliesslich darum, eine überzeugende Bewerbung abzugeben, die aus der Masse hervorsticht und das Interesse der Personalabteilung weckt.
Digitale Revolution mit ChatGPT?
Die Sonntagszeitung berichtete Ende Oktober darüber, wie mit einem Klick über ChatGPT 5.000 Motivationsschreiben erstellt wurden. Im Ergebnis waren die Experten nicht zufrieden. Grundsätzlich halten sich die Schweizer Unternehmen mit KI zurück.
Pascal Scheiwiller, Chef der Outplacement-Firma von Rundstedt sagt dazu, dass die KI-gestützten Anschreiben meist auf den ersten Blick auffallen, vorrangig wegen ihrer unnatürlich perfekten Art der Formulierung.
Doch die Verwendung von KI-gestützten Diensten wie DeepL Write oder Claude-AI nimmt dank ChatGPT zu. Bewerber nutzen die intelligente Technologie vor allem, um Bewerbungsunterlagen in die passende Form zu bringen, ein Anschreiben zu verfassen oder zumindest nach optimalen Formulierungen für die Formulierung zu suchen.
Softgarden zeigte mit seiner Candidate Experience 2023, dass KI immer häufiger im Bewerbungsprozess Einzug hält. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, schon einmal ein Anschreiben mit Tools wie ChatGPT geschrieben zu haben. Allerdings, so die Studienergebnisse, haben die intelligenten Anschreiben häufig wenig Aussagekraft darüber, ob das Talent der richtige Kandidat sein könnte.
Im Frühjahr 2023 gaben 12,7% der Befragten an, ihre Anschreiben mit KI zu verfassen. Außerdem waren 36,6% nicht abgeneigt, dies zu tun. Quelle
Fazit über KI-Tools im Bewerbungsprozess
Die Akzeptanz von KI im Bewerbungsverfahren ist generell vorhanden. Zwar haben auf der Bewerberseite viele Anwender moralische Bedenken, wenn sie während des Bewerbungsverfahrens auf intelligente Tools treffen. Dennoch zeigt sich die Mehrheit offen für die Nutzung von KI. Zum Verfassen von Stellenanzeigen sind intelligente Tools zudem schon häufig in Unternehmen im Einsatz.
KI-Tools helfen beispielsweise bei der Vorauswahl der Bewerber und beim Automatisieren zeitintensiver Prozesse im Bewerbermanagement. Auch zur Kommunikation zwischen Unternehmen und Bewerbern wird KI schon heute erfolgreich eingesetzt. Aufseiten der Bewerber ist es derzeit jedoch nicht denkbar, dass der Aufwand zum Erstellen des Anschreibens komplett in die Hände von KI-Tools gegeben wird.
Stattdessen zeichnet sich der Trend ab, auf das Anschreiben komplett zu verzichten. Sollte dennoch ein Anschreiben benötigt werden, können Chatbots passende Formulierungen liefern, Vorschläge machen und als Impuls verstanden werden. In den wenigsten Fällen ist es jedoch sinnvoll, dass KI-generierte Anschreiben ohne Kontrolle und manuelle Optimierung genutzt werden.