Eigentlich sollen Persönlichkeitstest Fehler in der Personalauswahl minimieren und Schwachstellen bei Bewerbenden identifizieren. Doch die Tests, bei denen man beispielsweise erfährt, welcher von 16 verschiedenen Typen man ist, sind inzwischen umstritten.

So lässt sich beispielsweise bisher nicht wissenschaftlich belegen, dass es zum einen die etwa beim Myers-Briggs-Typen-Indikator (MBTI) ermittelten 16 Persönlichkeiten wirklich gibt. Zum anderen lassen die Ergebnisse keine Aussage darüber zu, ob die Mitarbeiter zufriedener sind, wenn ihre Einstellung mithilfe dieses oder eines anderen Persönlichkeitstests erfolgte.

Sind Persönlichkeitstests wirklich zuverlässig?

Neben der fehlenden wissenschaftlichen Grundlage fehlt es Kritikern auch an Zuverlässigkeit. Misst man ein und dieselbe Person mehrfach und zu unterschiedlichen Zeitpunkten, würden ihr, so die Kritiker, häufig gänzlich unterschiedliche Persönlichkeiten zugeordnet.

Das Denken in Prototypen erleichtert unseren Umgang untereinander im Alltag. Der machthungrige Manager oder der skrupellose Politiker sind genauso zu finden wie die naive Sekretärin oder der dumme Azubi. Damit verstehen wir die Welt besser, sagt Arbeits- und Organisationspsychologe Cornelius König von der Universität des Saarlandes in den Stuttgarter Nachrichten.

Persönlichkeitstest

Beim Myers-Briggs-Typen-Indikator (MBTI) wird per Fragebogen ermittelt, ob eine Person introvertiert oder extrovertiert ist. Die Abkürzung ENTJ steht im Ergebnis des am weitesten verbreiteten Persönlichkeitstest für die Persönlichkeit mit den Eigenschaften Extraversion, Intuition, Thinking und Judgement. Nach dem Test ist diese Person der geborene Anführer, entscheidungsfreudig und in der Lage, Abläufe effizienter zu gestalten.

Der MBTI Test ist ein Persönlichkeitstest, der Merkmale der Persönlichkeit erfasst. Er hilft, die eigene Persönlichkeit sowie die Interaktionen mit anderen Menschen besser zu verstehen. Quelle: https://studyflix.de/biologie/mbti-6473

Woran es diesen Persönlichkeitstests jedoch fehlt: sie sind nicht in der Lage, feine Abstufungen, Schattierungen und andere Zwischenstufen zu erkennen, erklärt König von der Universität des Saarlandes. Wer gerne hören möchte, wie man selbst ist, lässt den Persönlichkeitstest höchstwahrscheinlich am Ende auch so ausfallen. Persönlichkeitstests dienen allgemein gesprochen genau wie Horoskope der Selbstfindung. Letztere werden aber vermehrt zur Bewerbungsfalle, und zwar für beide Seiten, Bewerber und Personaler.

Können Persönlichkeitstest die Arbeitszufriedenheit steigern?

Sind Mitarbeiter, die über Persönlichkeitstests eingestellt wurden, im Arbeitsleben zufriedener als diejenigen, die ohne diese Tests eingestellt wurden? Diese Frage lässt sich bisher nicht wissenschaftlich fundiert beantworten, denn es fehlt an relevanten Daten und Forschungen zu diesem Thema.

Dennoch werden Tests wie der Farbtest nach dem DISG-Modell von Personalabteilungen gerne eingesetzt. Die vier ermittelten Typen sind die Kreativen, die Macher, die Diplomaten oder die Analytiker. Die roten, gelben, grünen und blauen Typen sind in vielen Unternehmen im Einsatz. Kritiker werfen ihnen aber vor, dass das menschliche Verhalten ein hochkomplexes Mosaik ist und sich nicht in vier (Farb-)Schubladen pressen lässt.

Als am weitesten wissenschaftlich erforschter Persönlichkeitstest gilt das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung, kurz BIP. Beim BIP Test schätzt sich der Teilnehmer auf einer sechsstufigen Skala von, trifft voll zu bis, trifft überhaupt nicht zu selbst ein.

In ca. 45 Minuten erhalten Teilnehmer mit dem wissenschaftlich entwickelten Testverfahren Aussagen über die soziale Kompetenz, das Arbeitsverhalten, die Führungsmotivation und die psychische Konstitution. Auch die emotionale Stabilität lässt sich abfragen, etwa mit der sechsstufigen Bewertung der Aussage: Ich rücke nur ungern von einem festen Tagesablauf ab.

Wie aussagefähig sind die Ergebnisse aus Persönlichkeitstests?

Das BIP ist speziell für die Anwendung im Personalmanagement entwickelt worden. Es wird häufig eingesetzt bei:

  • der Personalauswahl
  • der Personalplatzierung
  • Trainings
  • Coachings
  • Feedbackprozessen
  • der Karriereberatung

Das Modell ist jedoch kein Wunderwerk und es wird empfohlen, dass jede Position von mehreren Perspektiven beurteilt wird. So soll verhindert werden, dass Menschen aufgrund ihres Ergebnisses im Persönlichkeitstest ignoriert werden. Als Risiko gilt bei Persönlichkeitstests auch der Barnum-Effekt.

Durch den sogenannten Barnum-Effekt kommt es zu starken Verschiebungen, wenn sich Teilnehmer in vagen Beschreibungen wiedererkennen und das eigene Verhalten ignorieren und so schnell den Fragen im Test zustimmen. Der Barnum-Effekt wird auch als Forer-Effekt bezeichnet. Es beschreibt allgemein das Phänomen, dass Menschen leicht dazu neigen, allgemeingültige und vage Aussagen über die eigene Persönlichkeit zu akzeptieren.

Ähnliches ist bei Zeitungshoroskopen festzustellen, und zwar dann, wenn das ganz persönliche Gratis-Horoskop suggeriert, es wäre exklusiv für den Leser erstellt und in Wahrheit aber tausenden Lesern vermeintlich exklusiv zugesendet wurde. Umfragen haben ergeben, dass die Leser die Treffsicherheit ihres vermeintlich individuellen Horoskops besonders häufig als zutreffend beschreiben.

Warum Unternehmen dennoch gerne Persönlichkeitstests einsetzen

Persönlichkeitstests ermöglichen, in Rekordzeit eine Vielzahl von Eigenschaften beim Bewerber zu erkennen. Obwohl eine Vielzahl von ihnen nicht mit wissenschaftlichen Modellen oder Statistiken belegt ist, gehören Persönlichkeitstests zu den beliebtesten Tools im beruflichen Einstellungsprozess. Gefahren zeigen sich beispielsweise darin, dass eine unprofessionelle Auswertung negative Konsequenzen hat. Denn durch Vorurteile und fehlende Nuancen oder Evaluationen können Personen verletzt werden oder die Ergebnisse zu falschen Entscheidungen führen.

Mit den Persönlichkeitstests wollen sich Arbeitgeber im derzeitigen Bewerbermarkt attraktiv zeigen. Sie scheuen jedoch die damit verbundenen Risiken und verlassen sich stattdessen lieber auf standardisierte Persönlichkeitstests. Allerdings hat die jüngste Vergangenheit gezeigt, dass potenzielle Talente im Bewerbermarkt lieber zu Unternehmen wechseln, die zeigen, dass sie an echter Zusammenarbeit mit echten Persönlichkeiten interessiert sind.

Unternehmen sollten ihre Führungskräfte schulen und ihnen unter anderem das Growth-Mindset vermitteln. Es besagt, dass jeder Mensch durch Anstrengung, Lernbereitschaft und Ausdauer neue Fähigkeiten entwickeln kann. Werden Bewerber durch vermeintliche Persönlichkeitseigenschaften von bestimmten Aufgaben oder Positionen ausgeschlossen, bleiben möglicherweise tatsächliche Fähigkeiten und Entwicklungspotenziale unberücksichtigt.

Das Growth Mindset, auch als dynamisches Selbstbild und Wachstumsdenken bezeichnet, ist formbar und entwicklungsfähig.

Dahinter steht die Haltung, dass unsere Fähigkeiten und Talente nicht festgelegt und in Stein gemeißelt, sondern formbar und entwicklungsfähig sind. Menschen mit einem Growth Mindset verstehen sich demnach als Lernende und vertreten die Überzeugung, dass sie durch Anstrengung, Beharrlichkeit und Lernen ihre Fähigkeiten verbessern können. Quelle: https://heraeus-bildungsstiftung.de/news/infothek/growth-mindset-eine-denkweise-die-persoenliche-entwicklung-und-wachstum-bewirkt/

Fazit zur Gefahr von Persönlichkeitstests

Echte Wunder sollten sich Personaler nicht von den angewendeten Persönlichkeitstests versprechen. Es gilt am Ende immer noch die Regel, dass ein gut geführtes Interview mit echten Menschen als die effektivste Form von erfolgreicher Personalgewinnung gilt. Zudem muss berücksichtigt werden, dass sich Persönlichkeiten mit der Zeit und zunehmendem Alter verändern.

Persönlichkeitstests können, richtig eingesetzt, allerdings die Bewerbersuche und Auswahl vereinfachen. Standardisierte Tests und Fragebögen messen bestimmte Dinge auch immer nur auf standardisierte Weise. Menschen lassen sich jedoch nicht so einfach standardisieren und in vordefinierte Schubladen stecken. Dabei besteht die Gefahr für Personaler, etwas Wichtiges bei Bewerbern zu übersehen, was für das Unternehmen einen echten Mehrwert darstellen könnte. Vielfalt und Individualität sollten mehr zählen als die Ergebnisse in wissenschaftlich nicht belegbaren Persönlichkeitstests.