Zurück ins Büro – mehr Unternehmen ändern Home Office Regelung

Dienstag und Donnerstag sind die Tage, an denen Mitarbeiter allgemein nicht gerne ins Home Office gehen. Montag, Mittwoch und Freitag sind dagegen fürs Home Office die beliebtesten Tage, an denen Beschäftigte von zu Hause aus arbeiten. So wie VW ändern derzeit immer mehr Unternehmen ihre Arbeitsplatzregelungen und wollen, dass Mitarbeiter häufiger ins Büro zurückkehren. Bei Volkswagen Wolfsburg wird ab April immer noch Rücksicht auf Vorlieben der Beschäftigten genommen, aber ins Home Office geht es nur noch für maximal 2 Tage pro Woche.

Thomas Schäfer, CEO der Marke Volkswagen Pkw und Leiter der Markengruppe Core von Volkswagen, sieht dringenden Handlungsbedarf. Mit der neuen Betriebsvereinbarung sollen für die Beschäftigten der Kernmarke persönlicher Austausch und spontane Gespräche im Fokus stehen.

Nur noch 2 Tage Home Office pro Woche bei Volkswagen

Die neue Betriebsvereinbarung soll wieder zum „neuen Normal“ führen. Mit der stärker auf persönlichen Austausch setzenden zukünftigen Zusammenarbeit bei Volkswagen werden aus Sicht des Managements aber auch individuelle Lösungen gefördert. Doch für die Beschäftigten heisst es erst einmal ab April: Zurück ins Büro und Beschäftigte dürfen nur maximal 2 Tage pro Woche im Home Office arbeiten. Das hybride Arbeiten ist kein neues Modell und wird von vielen Organisationen bereits so angeboten oder umgesetzt.

Viele Mitarbeiter hatten in der Vergangenheit und der Post-Corona-Zeit ihre Büronachbarn oder ihre Teams vermisst. Das haben zahlreiche Studien gezeigt. Dennoch wollte niemand wirklich zu 100 % zurück ins Büro. Auf der anderen Seite ist das 100%ige Home Office nicht für jeden Mitarbeiter ideal oder das Mass aller Dinge. Volkswagen sieht in der Regelung ausreichend individuelle Freiräume, um Beruf und Privates auch in Zukunft vereinbaren zu können.

Wie regeln Schweizer Unternehmen das Home Office?

In der Schweiz ist es unter anderem die Raiffeisen Bank, die sich mehr Präsenz am Arbeitsplatz wünscht, so die Handelszeitung in einem aktuellen Artikel. Ab Juni müssen dann die Beschäftigten drei Tage statt eines Tages Präsenz im Betrieb zeigen. Schon im vergangenen Jahr überraschten zahlreiche namhafte Schweizer Betriebe ihre Beschäftigten mit einer Abkehr der durch Corona flexibel gehaltenen Angebote für Home Office Regelungen. Die Firma Schindler in Ebikon LU liess ihren Mitarbeitern für die drastische Umstellung nur zwei Tage Zeit.

Praktisch per sofort war die Arbeit im Home Office gestrichen. Ähnlich erging es auch den Beschäftigten der Firma Sulzer aus Winterthur.

«Für mich gäbe es nur eine Lösung – die Kündigung» Quelle: Blick.ch

Dass die Mitarbeiter nicht erfreut waren über das plötzliche Aus fürs flexible Arbeiten von zu Hause aus, ist verständlich. Denn der Großteil findet bei dieser Regelung die höchste Work-Life-Balance. Laut dem „State of Remote Work 2023“-Bericht von Buffer geben 93 % der Remote-Mitarbeiter an, dass sie durch Home Office eine gesündere Trennung zwischen Arbeit und Privatleben erreichen.

Die The Swatch Group gilt unter Bewerbern als traditioneller Arbeitgeber. So gab es schon vor Corona keine flexiblen Arbeitsmodelle und auch jetzt, nach Ende der Pandemie, sucht man vergeblich nach Arbeitsmodellen moderner Unternehmen. Bei Novartis ist es wieder Zeit für gemeinsame Arbeitskultur vor Ort, sprich in Form von Präsenz in den Büros. Die von Firmenchef Vas Narasimhan ausgerufene Home Office Regelung wurde vom Pharmakonzern ersatzlos einkassiert.

Was wollen Mitarbeiter? Home Office oder zurück ins Büro?

Bei der hybriden Zusammenarbeit lässt sich das Modell der Präsenzarbeit durch einen oder mehrere Tage Home Office ergänzen. Für viele Beschäftigte ist dieses System die optimale Vorstellung von Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf. Für bestimmte Gruppen sogar existenziell, insbesondere Alleinerziehende oder Mitarbeiter mit langen Arbeitswegen. Ein Großteil der Mitarbeiter hat grundsätzlich klare Vorstellungen, wie die optimale Zusammenarbeit aussehen soll.

Mangelndes Vertrauen müssen sich Unternehmen vorwerfen lassen, wenn sie Entscheidungen gegen Home Office treffen oder die maximalen Tage pro Woche begrenzen. Auf der anderen Seite argumentiert nicht nur das Management von Volkswagen, dass die Produktivität unter der angebotenen Flexibilität leidet. Experten befürchten, dass sich betroffene Beschäftigte nach neuen Stellen umsehen und sich junge Kandidaten für andere Unternehmen entscheiden, in denen die gewünschte Flexibilität geboten wird. Keine langen Pendelzeiten und die flexiblere Tageseinteilung spielen hierbei eine übergeordnete Rolle.

Vor allem bei grossen Konzernen macht sich offenbar Skepsis breit, ob der Zusammenhalt, der Wissenstransfer und die Kreativität nicht unter der Tatsache leiden, dass Mitarbeiter nicht mehr in den Betrieb kommen. Nur 27 % der befragten Unternehmer sehen das mobile Arbeiten ihrer Beschäftigten positiv. 71 % glauben, dass ihre Beschäftigten zu Hause weniger kreativ tätig sind.

Ist die fehlende Anwesenheit der Beschäftigten der Sündenbock?

Bei VW wurden in den vergangenen Jahren viele Fehlentscheidungen getroffen. Kritiker werfen der Unternehmensleitung jetzt vor, die fehlende Anwesenheit zum Sündenbock der aktuellen Krise zu machen. Aber arbeiten Mitarbeiter nur im Büro selbstständig, zielführend und unabhängig sowie kreativ und wertschöpfend?

Das Back-to-Office-System könnte eine kostengünstige Art sein, die Beschäftigten zu vergraulen und sich so teure Abfindungen zu sparen. Aber das wird erst in ein paar Monaten abbildbar sein. Gehen die Führungskräfte und Top Performer wirklich? Oder werden sich alle mit den neuen Regelungen arrangieren, schliesslich wurde vor Corona an 5 Tagen in der Woche im Büro gearbeitet und es hat auch funktioniert?

Die Annahme, dass Mitarbeiter nur dann produktiv sind, wenn sie vor Ort im Büro arbeiten, ist ein veraltetes Vorurteil. Studien zeigen, dass die Flexibilität vorrangig bei hybriden Modellen die Motivation und Einsatzbereitschaft der Beschäftigten steigert. Allerdings hängt diese Produktivität von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören die Zuverlässigkeit, die Gewissenhaftigkeit, der Grad der Selbstorganisation, aber auch die Wohnsituation und die Unterstützung durch die Partner und Familien.

Home Office wird nicht ganz verschwinden

Auch wenn die Forschung zeigt, dass Menschen in gewohnter Umgebung zu Hause optimaler arbeiten können, wird es für die weniger gewissenhaften Mitarbeiter schwer, sich dauerhaft zu motivieren. Einige Beschäftigte werden auch in Zukunft die soziale Kontrolle durch Kollegen benötigen oder die Kontakte im Team zu schätzen wissen. Es scheint wahrscheinlich, dass sich hybride Modelle langfristig durchsetzen werden. Ein paar Tage von zu Hause aus arbeiten, ein paar Tage pro Woche (oder Monat) im Büro.

Vollzeit im Home Office kann herausfordernd und möglicherweise hauptsächlich für jüngere Beschäftigte ungewohnt sein. Doch auch wenn Unternehmen bei der Produktivität Einbussen hinnehmen müssen, sparen sie durch weniger Büroflächen, Miete oder Unterhalts- bzw. Bereitstellungskosten. Weniger Mitarbeiter benötigen keine Kantine oder ein kleineres Angebot an Speisen.

Die Auswirkungen zeigen sich bei allen Formen von Arbeitsmodellen, und durch den Fachkräftemangel werden die Beschäftigten in Zukunft den Weg vorgeben. Sind sie mit den Angeboten unzufrieden, werden sie sich nach einer neuen Stelle umsehen. Das kann sich aber kein Unternehmen, das wettbewerbsfähig bleiben will, wirklich leisten.